Montag, 25. Oktober 2010

Ein Jahr ohne Winter

Entschuldigt liebe Freunde & Verwandte, vor lauter Anfangshektik blieb mein Blog bisher noch unbelebt. Jedoch werde ich meine persönlichen Eindrücke nun hoffentlich regelmäßig niederschreiben. Schließlich sind solche Momente der wichtigen Reflexion über diese fernen Orte im Stress mir auch sehr willkommen. Wozu mache ich sonst die ganzen Fotos!

Seit meiner Ankunft in Costa Rica Anfang Oktober war unsere Freiwilligengruppe bereits viel unterwegs. Nach der kurzen Jetlagverdauung in der Hauptstadt San José ging es recht bald zur Station von Arbofilia inmitten ihres Korridprojekts. Also wurden alle sieben plus Gepäck und Verpflegung in der Ladefläche des Landcruisers verstaut. Vor Ort ging es an das schweißtreibende Reparieren des Dachs, was durch einen umgefallenen Baum beschädigt wurde.


Gleichzeitig haben wir den Aufenthalt genutzt, um mehr über Flora & Fauna zu lernen und unser Spanisch zu verbessern. Sehr hilfreich bei sechs Leuten auf dem Dach.

Die Station wird somit auch mein Hauptstützpunkt in dem Jahr werden, wenn ich auch grade zum Organisieren wieder in San José bin. Ein wirklich lebendiger Ort mitten im Regenwald. Leider bedeutet dies auch viel Feuchtigkeit in der Station, weshalb bereits überlegt wird die nahstehenden Pflanzen für mehr Trockenheit zu entfernen. Im positiven Sinne erfrischend ist aber der Fluss am Fuße der Station. Insbesondere nach der anstrengenden Feldarbeit.


Genug Arbeit gibt es jedenfalls. Aktuell müssen viele junge Bäume vom wuchernden Grass befreit und gedüngt werden. Außenposten müssen fertiggestellt und Solaranlagen in Betrieb genommen werden. Ach ja, hatte ich schon erwähnt, dass es gerade keinen Strom auf der Station gibt?! Nicht einfach, aber machbar mit Gaslampen und Generator. Wahrscheinlich geht es diese Woche wieder zurück auf die Station. Und das trotz Regenzeit, weggespülten Brücken und Erdrutschen.
Im Gegensatz zur sehr bewegungsarmen Büroarbeit sind solche kleinen Abenteuer aber eine gelungene Abwechslung.
Nichtsdestotrotz habe ich schon unserer befreundeten Partnerorganisation Coecoceiba bei PC-Reparaturen geholfen. Die von uns mitgebrachten Rechner sollen auch bald zu einem Netzwerk verbunden werden. Netzwerken ist sowieso das Stichwort. So haben wir bereits die Hungerstreikenden gegen die Goldmine in Crucitas vor der Präsidentenresidenz besucht und mit ihnen Interviews geführt. Mehr dazu bald unter unserer Freiwilligenseite:
http://forestguardians.net/blog/


Nach den Einführungswochen habe ich die ersten vier Freiwilligen von Pro REGENWALD zu ihrem Gemeinden im Norden organisiert und mit zwei weiteren "Forest Guardians" werde ich bei Arbofilia weiter dafür kämpfen, den Korridor voranzubringen. Damit die Natur sich wieder selbst heilen kann.


Montag, 5. April 2010

Semana Santa

Liebe Leserschaft,

grade ist in Costa Rica das Osterfest verstrichen. Die katholische Mehrheit hat dies ausgiebig zu Strandbesuchen und Prozessionen genutzt. Man sah in San José also den ein oder anderen Römer herumspazieren sowie schwarze gekleidete Frauen, die Maria durch die Straßen trugen. Statt Kirchenbesuch hatte ich mir dieses Wochenende allerdings etwas Zeit für Kultur genommen. Zusammen mit dem lustigen Fernando und der positiv verrückten Margot ging es zuerst zu verschiedenen Ausstellungen von Studenten in der Nationalgalerie. Anschließend gab es zu spanischer Straßenfolklore ein Eis gegen die schwüle Hitze.
Abends gab es dann vorm Kamin Nazijagd in Tarantino's "Bastardos Sin Gloria", wobei sich Christoph Waltz als SS-Häscher wahrlich seinen Oscar verdient hat. Allerdings sollten zarte Gemüter die Skalpierungen lieber nicht anschauen.

Ansonsten spiele ich hier den organisationspsychologischen Problemdetektiv. Will heißen: viele Gespräche zu Tathergängen, Aussagen aufnehmen, Spuren sichern, Alibis und Zahlen prüfen. Alles um den "Fall" neu und besser zu rekunstruieren. Sehr spannend und problematisch, aber mit der Zeit lösbar.
Allerdings fühlt man sich mit einer Hausangestellten, die kocht, wäscht, putzt ziemlich unselbstständig im Vergleich zum WG-Leben. Deshalb helfe ich gern beim Abwasch oder z.B. dem Sohn vom Chef Migue bei Design seines Stuhls aus Edelholzresten für die Universität. Für die schwierige Innensandung hatte ich eine Doppelbohrmaschine mit Sandpapierzylinder vorgeschlagen und es hat wunderbar funktioniert.
Die Woche gibt es noch koordinative Treffen mit externen Personen und ich werde am Donnerstag für 2-3 Tage Richtung San Isidro im Süden reisen. Das bedeutet hoffentlich Zeit für Literatur und Strand.

Dienstag, 30. März 2010

Pura Vida

Liebe Familie, Freundinnen und Freunde,

ich wollte mich endlich einmal aus der "Reichen Küste" bei euch melden. Montag Nacht bin ich nach über 24h Rumgereise endlich sanft in San José eingeschlummert. Das Filmprogramm im Flieger von Delta Airlines war ziemlich mies (dieser neue Klischeeamifilm mit Sandra Bullock), dafür war das amerikanische Bordpersonal sehr nett, gesprächig und hilfsbereit.
Nur meine beiden Sitznachbarn waren apathische Gargoyles. Wobei der linke Aminachbar sich viel Rotwein orderte. Immerhin gab es im Flieger von Atlanta (eeewige Abfertigung) eine hübsche Sitznachbarin und mein Gepäck ist auch komplett angekommen.

Nun befinde ich mich seit einigen Tagen wieder im schönen Haus der Regenwaldaufforster von Arbofilia, wo es neben Reis und Bohnen auch reichlich Arbeit gibt. Insofern hatte ich erst dieses Wochenende etwas Zeit andere Dinge zu unternehmen. Zusammen mit einigen Leuten waren wir am Samstag unterwegs im Stadtpark beim internationalen Kultur- und Kunstfestival, wo nebem interessanten Indiohandwerk auch miese Rockmusik von der Seebühne erklang. Marke Schülerband. Immerhin war das Publikum recht bunt bis hippiehaft bei sonnigen 28°C.
Anschließend gab es am Zentralplatz in der Stadt noch eine tolle Straßentheaterperformance von der münsteraner Gruppe "Titanick" zu sehen, die im französischen 1900look eine Art Fliegerwettbewerb mit ihren kreativen Flugmobilen veranstalteten. Vom Ami mit Hoovercraft bis zu den Vogelfliegerfranzosen war einiges vertreten und das Publikum anschließend mit Konfetti vom Feuerwerk übersäht. Schließlich fuhren alle Geräte inklusive Bandwagen die Hauptstraße hinunter und wir machten uns mit dem Bus auf den Nachhauseweg.



Sonntag war schließlich Markttag und es ging kreuz und quer durch die bepackte Menge. Neben leckeren Avocados, Mangos und Melonen gab es noch frisch gepressten Orangensaft und ein paar Palmen für den tropischen Garten des Hauses zu kaufen. Ansonsten bin ich sehr gespannt wie hier nächstes Woche "la semana santa" (Ostern geht hier eine ganze Woche!) gefeiert wird nach der ich anschließend wohl Richtung Süden auf die Finca von Wade fahren werde. Ich hoffe, dann ist auch ein Strandtag drin, wo ein paar Kokosnüsse geknackt werden.